"Weißt du, wer du bist und weißt du, wer ich bin"

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Urlaub - die Verheißung auf das Fest der Entspannung und des Auftankens. Wenn endlich der zermürbende Alltagsdruck abfällt, dann, so die Hoffnung, kann sich der müde gewordene Geist wieder zu ungeahnten Höhen aufschwingen. Doch meistens ist es so, dass sich mit der ersehnten Ruhe auch bald die alten Restposten zurückmelden, unverarbeitete Geister aus der Vergangenheit, die Sorge um die Zukunft und nicht zuletzt die grundsätzlichen Lebensfragen. Allen voran die Frage, wer bin ich? Bin ich ein Zufall des Lebens, ein einsames Blatt, vom Winde verweht oder doch ein Wesen voller Absicht?

Aus dem Mittelalter sind uns die Schriften der Mystikerin Katharina von Siena überliefert. Ihre Texte sind in Form eines Dialogs mit Gott niedergeschrieben. Gott stellt ihr die Frage, „Weißt du, wer du bist und weißt du, wer ich bin?“. In dieser Zwiesprache erfährt sie, dass sie nichts über sich und ihr eigenes Wesen wissen kann, solange sie nicht das Wesen dessen kennt, aus dem sie hervorging. Denn das Geschöpf trägt das Wesen seines Schöpfers in sich. Und Katharina erhält deshalb in diesem Zwiegespräch auch die Antwort auf die Frage „Weißt du, wer ich bin“: Ich bin der, der dich von Ewigkeit her gewollt und geliebt hat, aus dieser großen Liebe heraus habe ich dich aus mir „herausgezogen“ und dich vor mich hingestellt und ich werde dich in Ewigkeit lieben, so wie du bist. Und an anderer Stelle erfährt Katharina, dass sie dazu dasjenige Geschenk hinzubekam, das nur die Liebe sich zu schenken getraut, die Freiheit der Entscheidung, den freien Willen.
Damit wissen wir, woraus wir „gestrickt‘“ sind und was zugleich unsere wunde Stelle ist. Wir sind von unserer Herkunft her aus Liebe geschaffen, mit der Chance und zugleich der Krux des freien Willens. Solches Wissen könnte in ruhigen (Urlaubs-)Stunden eine gute Ausgangsbasis zum Nachdenken über sich selbst sein.

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